Vereinsgeschichte_alt
38 Jahre Luzerner Kerzenziehen
Bereits im Jahre 1977 befassten sich die Gründer Dr. med. Andreas Banz ( Luzern) und Edgar Durrer(Alpnach/Cham) mit der Idee, alljährlich während der Vorweihnachtszeit in der Stadt Luzern etwas Sinnvolles anzubieten. Der Erlös sollte Projekten für Menschen mit einer Behinderung zugute kommen. Das Luzerner Kerzenziehen war geboren.
Der erste Vorstand setzte sich wie folgt zusammen: Andreas Banz (Präsident), Edgar Durrer, Hanne Müller, Erwin Schlüssel, Dr. Irene Häberle, Werner Portmann und Josef Fallegger.
Im Sinne einer Partnerschaft zwischen Menschen mit einer Behinderung und Nichtbehinderten erhält der Spender als Gegenleistung ein selbsterarbeitetes Werk, nämlich die Bienenwachskerze. Die Stadt Luzern bekommt gleichzeitig ein weiteres kulturelles und kreatives Angebot in der Vorweihnachtszeit.
Nach intensiver Vorbereitung, zu der auch die Suche nach Freiwilligen, Verhandlungen mit
den zuständigen Behörden betreffend Standort des „Kerzenhüslis“, Bewilligungen, Material-
beschaffung und anderem mehr gehörte, fand in der Adventszeit 1978 das erste vierwöchige Luzerner Kerzenziehen statt. Bei Öffnungszeiten von 8 bis 22 Uhr konnte damals ein Ge-winn von circa 20 Tausend Franken erzielt werden. Aus diesem Betrag musste zuerst die Baracke bezahlt werden. Andreas Banz, Edgar Durrer und Werner Portmann nahmen ein bis zwei Wochen frei, um den Betrieb des Kerzenziehens zu gewährleisten.
Das Kerzenziehen auf dem Sempacherplatz(Vögeligärtli) wurde durch die Mund-zu-Mund-Werbung rasch in der Stadt Luzern und Umgebung bekannt. Die Bevölkerung war begeistert, die Organisatoren zufrieden, obwohl am Anfang noch nicht alles rund lief. Die Baracke musste mit vielen Helfern noch mühsam aus Dutzenden von Balken, Brettern und Einzelteilen zusammengestellt werden, manchmal bei Eis- und Schneetreiben.
Im Juli 1981 konnte der erste Rollstuhlbus angeschafft werden. Seit 1987 können 2 Busse von Gruppen oder Einzelpersonen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, zu äusserst günstigen Bedingungen gemietet werden. Sie werden für Tagesanlässe, Ferienlager oder Einzelfahrten bestellt. Im Sommerhalbjahr sind sie meistens ausgebucht, im Winterhalbjahr weniger.
1982 war ein Schicksalsjahr für das Luzerner Kerzenziehen. Wegen zu wenigen Helfern sagte der damalige Präsident Andreas Banz den Anlass ab. Ein Dutzend Beharrliche fanden in einer Garage trotzdem die Gelegenheit, einige Kerzen zu ziehen.
Nach der Absage und dem Rücktritt von Andreas Banz beschloss der restliche Vorstand, für das Weiterbestehen des Luzerner Kerzenziehens zu sorgen. Die Verantwortlichkeitsposten wurden klar verteilt. Josef Fallegger übernahm das Präsidium und die Helferwerbung, Hanne Müller die Kasse, Erwin Schlüssel die juristische Beratung, Irene Häberle die Gesuche und Werner Portmann die Baracke und Einrichtungen. Es konnten viele neue Helfer geworben werden. So wurde mit viel Einsatz das Kerzenziehen 1983 wieder ein Erfolg.
Ab 1984 erhalten die LehrerInnen Informationen und Gelegenheit, mit ihren Klassen das Kerzenziehen zu besuchen. Umsatz und Beliebtheit des Luzerner Kerzenziehens stiegen automatisch.
Seit 1985 ist eine Organisationsgruppe für das Kerzenziehen verantwortlich. Bis 1991 leitete Christine Freimann dieses Team. Seit 1992 erledigt Ursula Suppiger diese verantwortungsreiche Aufgabe. Als Dank und Anerkennung für die geleistete Arbeit werden die Helfer im Sommer zu einem Picknick eingeladen. Dieser Anlass dient dem Erfahrungsaustausch und gemütlichen Zusammensein.
1986 zog Werner Portmann in die Ostschweiz. Auch seine Aufgaben übernahm Sepp Fallegger. Da die Baracke im Freien gelagert wurde, gestaltete sich der Auf- und Abbau trotz Fachleuten und Helfern einer Landjugendgruppe sehr schwierig. Die Holzteile veränderten sich immer wieder. Für das Einrichten brauchte man vier lange Abende. In der Sommerzeit konnte die Barackeneinrichtung mehr und mehr umgestaltet und vereinfacht werden, so dass sich der Aufwand verkleinerte.
1988 stellte man eine Gruppe für den Auf- und Abbau der Baracke zusammen. Schadhafte Teile wurden geflickt, die alten, mit Wasser beheizten Schmelzöfen durch ölgeheizte ersetzt. Der ganze Auf- und Abbau , sowie das Einrichten wurden zur Routine. Benjamin Suppiger
ist nun schon seit 1993 dafür zuständig.
In der Präsidialzeit von Josef Fallegger wurden u.a. auch die Statuten neu verfasst.
Edgar Durrer präsidierte das Luzerner Kerzenziehen von 1995 bis 2000.
1996 musste die wetterempfindliche Holzbaracke ersetzt werden. Drei stabile Container wurden gekauft, die jeweils aneinander gebaut werden. Diese Anschaffung hat sich mehrfach gelohnt. Zwei arbeitsreiche, intensive Tage zum Auf- und Abbauen sind nicht mehr im Programm. Zusätzlich kann so das gesamte Kerzenziehmaterial auch gleich in den Containern gelagert werden. Ein grosser Gewinn.
Im gleichen Jahr wurde ein Instruktorenabend für neue Kerzenziehhelfer angeboten. Das
Interesse war so klein, dass dieser Abend einmalig bleibt.
Ende Mai 2000 verunfallte Edgar Durrer schwer. Erwin Schlüssel(Ennetbürgen) sprang als Interimspräsident ein und leitete das Luzerner Kerzenziehen als Präsident von 2001 bis 2005.
Seit der Generalversammlung im Mai 2005 leitet Erwin Zemp (Nottwil) die Geschicke des
Luzerner Kerzenziehens.
Der Vorstand des Luzerner Kerzenziehens besteht heute aus Menschen mit einer Behinderung, aus VertreterInnen des Organisationsteams des Kerzenziehens und Fachleuten für Behindertenfragen. Die Hauptarbeiten des Vorstandes sind die Begutachtung und Überwachung eigener und fremder Projekte, sowie die Unterstützung der für die Durchführung des Kerzen- ziehens verantwortlichen Organisationsgruppe.
Während den vier Wochen werden an zehn Wachstöpfen über 1600 Kilogramm Bienenwachs zu Kerzen verarbeitet. Rund 50 Freiwillige leisten etwa 700 Stunden. Für die Organisation und den Betrieb des Kerzenziehens werden von den 20 Vereinsmitgliedern im Hintergrund rund 350 Stunden aufgebracht.
In den letzten Jahren wurde nun auch von verschiedenen Organisationen in der Region Luzern die Möglichkeit zum Kerzenziehen angeboten. Trotz dieser vermehrten Konkurrenz konnte beim Luzerner Kerzenziehen immer noch ein Gewinn um die 20 Tausend Franken erarbeitet werden. Der Ertrag ermöglicht den Vereinsgedanken und -statuten nachzukommen. Zahlreiche Sponsoren helfen zudem die Kosten tief zu halten. Nur Dank einer zuverlässigen Zusammenarbeit „aller“ kann das Luzerner Kerzenziehen weiter bestehen. Im Jahr 2008 wird das 30-jährige Jubiläum gefeiert.
Und last but not least: Wer sich einmal im „Kerzenhüsli“ aufgehalten hat, kommt immer wieder. Ist es die angenehme Stimmung, der Duft des Bienenwachses, die Freude am Entstehen der eigenen Kunstwerke, die Zufriedenheit oder die fröhlichen Gesichter? Die Stammkunden wissen es zu schätzen.
Im November 2008/ Rolf Käch